Luftlose Reifen von Tannus – Für Radreisen geeignet?

Seit einer Woche fahre ich nun die luftlosen Vollpolymer-Reifen des koreanischen Herstellers Tannus. Sie bestehen vollständig aus einem speziellen Kunststoff, wodurch man theoretisch auch hineingebohrte Nägel einfach wieder herausziehen und problemlos weiterfahren kann.

Nachdem ich im Internet fast ausschließlich Meinungen von Nutzenden gefunden hatte, die entweder äußerst überzeugt oder extrem enttäuscht von dem Produkt waren, habe ich mich dazu entschieden, die pannenfreien Reifen einfach auszuprobieren und mir selber eine Meinung zu bilden.


Insbesondere da ich auf manchen Radreise-Etappen sehr häufig mit Platten zu kämpfen hatte, oft verursacht zum Beispiel durch Dornen wie beispielsweise in Marokko oder Drähte geplatzter Autoreifen, wie sie oft im Iran auf der Straße lagen, habe ich mir dadurch für mein Reiserad einige Sorgen weniger erhofft. Aufgezogen habe ich sie allerdings auf mein Stadt- und Trekkingrad um zunächst den Gebrauch im Alltag zu testen.

Die Montage gestaltete sich in der Tat schweißtreibend, war aber mit dem beigelegten Werkzeug letztendlich gut machbar. Unter anderem die Möglichkeit zur Selbstmontage hat mich dazu bewegt, das Produkt von Tannus zu wählen, statt auf ein ähnliches System zu warten, das in Kürze von Schwalbe erhältlich sein wird und das sich ausschließlich von eigens dafür geschulten Händlern aufziehen lassen soll. Bei der Montage der Tannus-Reifen helfen die mitgelieferte Beschreibung sowie einige Videos auf Youtube.

Die Reifen in der Größe 700 x 32C sind nur unwesentlich schwerer als meine bisherigen Schläuche und Mäntel und sehen in der weißen Farbe, wie ich finde, sehr schick aus. Darüber hinaus sind viele verschiedene bunte Farben erhältlich. Das Material entspricht ungefähr der Härte eines mit sechs Bar aufgepumpten Reifens.

Doch wie fahren sich die Reifen denn nun?

Schnell macht sich ein etwas erhöhter Rollwiderstand bemerkbar. Wo Reifen mit Luft kleine Rillen und Unebenheiten auf der Straße gut ausgleichen, führen diese bei den Vollpolymer-Reifen dazu, dass das Rad oft leicht ausschlägt und eiert, was sich anfühlt als würde das Rad von beispielsweise kleinen Rillen im Pflaster abrutschen. Überhaupt muss ich leider sagen, dass die Reifen sehr unsauber rollen, was einem mit der Zeit zunehmend auf die Nerven geht. Auch freihändiges Fahren wird dadurch gefährlicher, weil mit unerwarteten ruckartigen Bewegungen zu rechnen ist.

Die einmal aufgezogenen Reifen lassen sich kaum wieder entfernen. Selbst der Hersteller rät dazu, sie im Zweifelsfalle einfach herunterzuschneiden und nennt dies „Deinstallationsprozess 2“.

Dennoch bleibt der Gedanke verlockend, auf der Radreise nie wider flicken zu müssen und Luftpumpe und Flickzeug einfach zu Hause lassen zu können. Mangels Komfort und der fehlenden positiven Rolleigenschaften luftgefüllter Reifen, würde ich sie aber definitiv nicht bei meinem Reiserad aufziehen.

Wer unbedingt auf die Luftpumpe und Flickzeug verzichten möchte und wem pannenfreies Fahren wichtiger ist als präzise rollende Räder, der sollte die Vollpolymer-Reifen von Tannus ruhig ausprobieren. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass sich das Prinzip zukünftig durchsetzen wird, weitere Verbesserungen am Material vorausgesetzt. Alternativ lässt sich bereits erwähnte und in Kürze erscheinende Schwalbe Airless System testen, bei dem der Kunststoff in einem Mantel daherkommt. Auf entsprechende Rezessionen bin ich auf jeden Fall gespannt.

Nachtrag vom 11. September 2018:
Mittlerweile ist mir eine weitere negative Eigenschaft der Reifen aufgefallen: Sie laden mich statisch auf. Das macht sich meist dadurch bemerkbar, dass ich oft einen kleinen Schlag bekomme, wenn ich mich zum Beispiel an einer Straßenlaterne abstütze.

Nachtrag vom 19. November 2018:
Vor etwa zwei Wochen habe ich die Reifen wieder entfernt. Die Demontage ging mit dem mitgelieferten Werkzeug einfacher als erwartet. Zwar sind ein relativ hoher Kraftaufwand und etwas Geduld erforderlich, aber ein Herunterschneiden war nicht notwendig und die Reifen lassen sich nun theoretisch erneut aufspannen. Allerdings werde ich das maximal dann in Erwägung ziehen, wenn ich einmal ein Ersatz-Fahrrad für den seltenen Gebrauch haben sollte, bei dem das Hauptaugenmerk auf der Wartungsfreiheit liegt. Mit luftgefüllten Reifen fährt es sich doch deutlich komfortabler.

Kommentare

  1. Schöner Erfahrungsbericht, habe von dieser Reifenart noch nie etwas gehört gehabt, stelle ich mir aber irgendwie seltsam vor. Federn die Reifen ebenfalls so gut ein wie Gummireifen oder sind sie spürbar härter auf z.b. Feldwegen mit etwas Schotter?

    Bezüglich pannenfreiheit gibt es doch bereits die Tubeless Systeme diverser Hersteller, hast du diese bereits probiert?

    Ich fahre auf meinem Reiserad Schwalbe Almotion in 26x2.15, diese sind sowohl pannenfrei und haben einen wahnsinnig guten Abrollkomfort, kein Vergleich zu normalen Schlauchreifen. Und sie kleben noch etwas besser am Untergrund da sie durch fehlenden Schlauch weniger zum hoppeln neigen. Ich bin gänzlich überzeugt, auch auf sehr großen Touren kann man alles selbst machen falls mal etwas sein sollte und ich möchte den Komfort nicht mehr missen.

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    1. Die Reifen sind recht hart und federn daher entsprechend wenig. Da ich aber generell gerne härter aufgepumpte Reifen fahre, merke ich auch auf Schotter oder Kopfsteinpflaster keinen großen Unterschied. Tubeless-Reifen habe ich bisher noch nicht ausprobiert.

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