Tipps und Hinweise für Radreisen durch Schweden

Meine Radreise von Stockholm nach Kopenhagen führte mich etwa 700 Kilometer durch Schweden. Das Land eignet sich mit seiner weitläufigen und unberührten Natur, der gut ausgebauten Wege und optimaler Bedingungen zum Campen ganz ausgezeichnet für eine Radreise. Was im Gepäck dabei sein sollte, was bei der Radmitnahme in Bus und Bahn zu beachten ist, welche nationalen und internationalen Radwege durch das Land führen und viele weitere Tipps und Hinweise für eine Radreise durch Schweden, habe ich in diesem Artikel zusammengetragen.

Straßen und Radwege

Radweg im Außenbereich Stockholms
Die Straßen besitzen in Schweden fast durchweg eine ausgezeichnete Oberfläche. Sandige oder unebene Pisten findet man kaum. Selbst Waldwege sind nicht selten mit Beton befestigt.

Schweden ist mit 44 offiziellen Radrouten wunderbar für den Radverkehr erschlossen. Wer das Land auf den Spuren von Astrid-Lindgren erkunden möchte, dem empfehle ich beispielsweise den über 200 Kilometer langen Astrid-Lindgren-Radweg, der von Jönköping am Vätternsee über Vimmerby nach Västervik an der Ostsee führt. Ich nutze zum Navigieren die für Android verfügbare App Oruxmaps mit dem Theme Elevate, das alle Radwege und Radrouten farbig hervorhebt.

Am Astrid-Lindgren-Radweg
Auch vier der internationalen Europaradrouten führen durch Schweden: die Pilger-Route (EV 3), die Sonnen-Route (EV 7), die Ostseeküsten-Route (EV 10) und die Nordseeküsten-Route (EV 12).

Auf Schwedens Schnellstraßen existieren normalerweise keine Seitenstreifen, auf denen man getrennt vom motorisierten Verkehr fahren könnte. Die Schnellstraßen bieten allerdings durch ihre gleichförmigeren Steigungen und Gefälle eine willkommene Abwechselung zu der recht anstrengend zu befahrenden schwedischen Hügellandschaft.

Straßenübergang für Fuß- und Radverkehr
Die Radverkehrsinfrastruktur in den Städten ist ausbaufähig und an den Stellen, an denen gute Radwege gebaut worden sind, ging die Flächenverteilung nicht selten auf Kosten des Fußverkehrs. Auch Bettelampeln sind für den Radverkehr nicht unüblich. Sehr angenehm sind die gemeinsamen Fuß- und Radverkehrsübergänge mit Zebrastreifen, deren Bemalung auf dem für den Radverkehr vorgesehenen Bereich ausgespart wurde, wodurch Unebenheiten auf der Straßenoberfläche vermieden werden.

Auf Autobahnen, Motorwegen und Landstraßen mit Mittelleitplanke ist das Fahrradfahren verboten.

Verkehr

In Schweden findet man
besonders viele freie Wege.
Außerhalb großer Städte und abseits der Schnellstraßen gibt es sehr wenig Verkehr. Menschen mit dem Auto achten in der Regel die Vorfahrt des Radverkehrs und sind es gewohnt anzuhalten, wenn ein Radfahrer oder eine Radfahrerin eine Straße queren möchte. Insbesondere auf Schnellstraßen kann es natürlich jedoch gelegentlich zu Überholmanövern ohne hinreichenden Sicherheitsabstand kommen.

Routenplanung

Die bereits oben erwähnten zahlreichen offiziellen Radrouten, bieten eine hervorragende Ausgangslage für die Routenplanung.

Zu berücksichtigen ist, dass das Land ausgesprochen hügelig ist und viele insbesondere kleinere Hügel und entsprechende Höhenmeter zurückgelegt werden müssen, was sich natürlich auf die erreichbare Tageskilometeranzahl auswirkt und eine entsprechende Kondition erfordert.

Während meiner Tour Richtung Südwesten hatte ich zudem eine Woche lang mit relativ starkem Gegenwind zu kämpfen. In Südschweden scheint dies, zumindest im Sommer, keine Seltenheit zu sein. Wer lieber mit Rückenwind unterwegs ist, könnte also gegebenenfalls auf einer Route nach Nordosten mehr Glück haben.

Wer besonders schnell unterwegs sein möchte und seine Routen mit einem entsprechend straffen Zeitkontingent plant, sollte berücksichtigen, dass einige Straßen durch Fährverbindungen unterbrochen sind und deshalb entsprechende Wartezeiten einplanen. Die Fährfahrten sind üblicherweise kostenlos.

Verkehrsvorschriften

Für Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 15 Jahren gilt in Schweden eine Helmpflicht. Verstöße können mit einem Bußgeld von 55 Euro geahndet werden. 

Am Fahrrad vorgeschrieben sind eine Klingel und eine Bremse, ein rotes Rücklicht, ein weißer Reflektor vorne und gelbe oder orangene Reflektoren an der Seite. 

E-Bikes dürfen mit Unterstützung maximal bis zu 25 Stundenkilometer schnell fahren. (Quelle)

Wer sich mit den schwedischen Verkehrszeichen vertraut machen möchte, findet in der deutschsprachigen Wikipedia eine Bildtafel mit den entsprechenden Bedeutungen. Die meisten Verkehrsschilder sind allerdings selbsterklärend und denen in Deutschland sehr ähnlich.

Ersatzteile

Wegen der Weite des Landes, der dünnen Besiedelung und der technisch einfachen Fahrräder, die in Schweden bevorzugt genutzt werden, sind spezielle Radteile nur in den großen Städten zu bekommen. Spezielle Verschleißteile (Bremsbeläge, Bereifung in seltener Dimension u. a.) sollte man von zu Hause mitbringen. Einfache Ersatzteile wie Schläuche und Flickzeug, findet man in Supermärkten oder im Baumarkt in allen größeren Ortschaften (meist auch sonntags geöffnet, in Südschweden ca. alle 30 bis 50 Kilometer zu finden). Deren Sortiment entspricht etwa dem Fahrradteile-Regal in einem deutschen Baumarkt. Fahrradgeschäfte („cykelaffär“) gibt es ebenfalls in den Verwaltungszentren. Diese führen ab Lager Ersatzteile für normale City- und Trekkingräder. Geschäfte für Mountainbikes und hochwertige Komponenten sind meist nur in Göteborg, Stockholm und anderen Großstädten zu finden.
(Dieser Absatz basiert auf dem Artikel Schweden aus dem Radreise-Wiki und steht unter der Lizenz Creative Commons CC by-sa-nc 2.0. Im Radreise-Wiki ist eine Liste der Autorinnen und Autoren verfügbar)

Zelten

Dem Einzelnen erlaubt das sogenannte Jedermannsrecht, in Schwedens Natur ohne Einwilligung des Grundbesitzers eine Nacht zu zelten, sofern sich der Standort nicht auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche oder in Sichtweite eines Wohn- oder Ferienhauses befindet. Gruppen ab vier Zelten benötigen zum Lagern und Zelten in jedem Fall die Erlaubnis des Grundeigentümers. Möchte man in Sichtweite eines Hauses zelten oder länger als eine Nacht an einem Standort bleiben, muss ebenfalls die Erlaubnis des Eigentümers eingeholt werden.

In ganz Schweden gibt es zudem Übernachtungsplätze entlang von Fernwanderwegen und Wasserwanderwegen. Diese sind häufig auch mit dem Fahrrad zu erreichen. Ausgestattet sind sie meist mit einem Unterstand zum Übernachten, Feuerstelle, Trockentoilette und zum Teil auch mit Trinkwasser. Die jeweiligen Nutzungsregeln variieren und können normalerweise einem Aushang entnommen werden. So können beispielsweise an einem Übernachtungsplatz drei Euro Gebühr pro Nacht in eine Vertrauenskasse zu entrichten sein, dafür steht unter anderem kostenloses Brennholz zur Verfügung.
(Dieser Absatz basiert auf dem Artikel Schweden aus dem Radreise-Wiki und steht unter der Lizenz Creative Commons CC by-sa-nc 2.0. Im Radreise-Wiki ist eine Liste der Autorinnen und Autoren verfügbar.)

In Nationalparks und anderen geschützten Gebieten kann das Jedermannsrecht eingeschränkt werden und sogar ein saisonales Betretungsverbot ausgesprochen werden. Hier hat die Natur absoluten Vorrang. Meistens informieren Schilder und Hinweistafeln an den wichtigsten Eingängen zu diesen Gebieten.
(Dieser Absatz basiert auf dem Artikel Jedermannsrecht - Schweden aus dem Outdoor Wiki und steht unter der Lizenz Creative Commons CC by-sa 2.0. Im Outdoor Wiki ist eine Liste der Autorinnen und Autoren verfügbar)

Ebenso gibt es einige öffentliche Badestellen mit Feuerstellen, die sich hervorragend zum Zelten anbieten würden, an denen jedoch leider Campingverbot besteht.

Tatsächlich fand ich das Zelten in Schweden so einfach wie in keinem anderen Land zuvor, denn neben der zuträglichen rechtlichen Situation, ist die Sicherheit hoch, die Natur weitläufig und wild, Siedlungen sind rar und an den allermeisten Straßen finden sich alle paar Meter Einbuchtungen und kleine Freiflächen, an denen sich auch spontan ein Zelt aufschlagen lässt, falls es aus irgendwelchen Gründen einmal besonders schnell gehen muss.

Ausrüstung

Eine Liste mit allen Ausrüstungsgegenständen und Dingen die ich auf meiner Reise durch Schweden dabei hatte und die ich größtenteils für die Mitnahme empfehlen kann, gibt es hier. Grundsätzlich gilt: die Ausrüstung die du in Schweden benötigst, unterscheidet sich nicht maßgeblich von der Ausrüstung die du zur gleichen Jahreszeit auch in Deutschland mitnehmen würdest. Es kann in Schweden lediglich noch etwas kühler werden, als man es in Deutschland erwarten würde.

Schweden oder Finnland?

Seen gibt es sowohl in Schweden als auch
in Finnland besonders viele.
Ein Jahr zuvor habe ich zur gleichen Jahreszeit Finnland mit dem Fahrrad bereist. Beide Länder bieten für die Radreise recht ähnliche Voraussetzungen hinsichtlich Klima, Landschaft und Infrastruktur.

Sowohl in Finnland als auch in Schweden zeichnet sich die Landschaft durch ihre großflächigen Wälder und die vielen Seen aus. Gefühlt habe ich in Finnland jedoch häufiger gut geeignete Badestellen mit Zeltmöglichkeit vorgefunden. Das Zelten gestaltete sich in Schweden dafür grundsätzlich noch etwas einfacher als in Finnland, da in Finnland viele Wege, die von der Straße abführen auf Privatgrundstücken enden. In Schweden existiert ein besser ausgebautes Radwegenetz und allgemein etwas mehr Infrastruktur. Finnland erschien mir noch etwas dünner besiedelt, was auch in vielen Kleinstädten durch einen etwas morbiden und verlassenen Charme zum Ausdruck kam.

Meine Tipps und Hinweise für Radreisen durch Finnland sind hier zu finden.

Lebensmittelversorgung

Waschbecken im Eingangsbereich
des Supermarktes
Lebensmittel sind in Schweden deutlich teuer als in Deutschland. Supermärkte finden sich auf dem Land etwa alle 30 bis 40 Kilometer. Sie sind normalerweise auch sonntags geöffnet.

Abgefülltes Trinkwasser ist ebenfalls deutlich teurer als in Deutschland. Es lässt sich allerdings häufig an Wasserhähnen im Eingangsbereich von Supermärkten kostenlos Leitungswasser abfüllen, das in Schweden als Trinkwasser geeignet ist. In vielen kleineren Ortschaften gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten, aber fast immer einen Friedhof, an dem ebenfalls immer öffentliche Wasserhähne zu finden sind.

Pilze bestimmen zu können lohnt sich.
Es lohnt sich in Schweden sehr, Speisepilze bestimmen zu können oder einen entsprechenden Ratgeber mitzuführen, denn Speisepilze wachsen, zumindest zu bestimmten Jahreszeiten, in überwältigenden Mengen in den Wäldern und an den Straßenrändern. So konnten wir uns immer satt essen mit Steinpilzen, Maronen und Birken-Rotkappen.

Tiere

Neben den vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Schutzimpfungen, ist für die Radreise durch Schweden insbesondere eine FSME-Impfung zu empfehlen, denn vor allem an der Ostküste des Landes, im Großraum Stockholm, kommt es laut Angaben des Auswärtigen Amts nicht selten zu FSME-Infektionen durch Zecken. Etwa eine von hundert Zecken kommt als Überträgertier in Frage. Zecken können außerdem Borreliose übertragen, gegen das leider kein Impfstoff existiert. Bei etwa jeder dritten Zecke besteht dieses Risiko. Daher sollte man den Körper regelmäßig nach Zecken absuchen und diese umgehend entfernen.

Das Auswärtige Amt verweist zudem auf einzelne Fälle von „bisher in Schweden nicht vorgekommenem Fuchsbandwurm (hier: dvärgbandmask)“, fügt jedoch hinzu, dass die schwedische Lebensmittelbehörde (livsmedelsverket) nicht allgemein vom Verzehr von Blaubeeren, Preiselbeeren oder Pilzen abgeraten hätte.

Um sich lästige Mücken vom Laib zu halten, die in Schweden besonders häufig und in großer Zahl auftauchen können, sollte man das Mückenspray nicht vergessen.

Radmitnahme in Bus und Bahn

Fahrradmitnahme am Reisebus
Auf einigen wenigen Strecken soll es Bahnunternehmen geben, bei denen eine Radmitnahme möglich ist, grundsätzlich können Fahrräder in Schweden jedoch nicht mit der Bahn transportiert werden. Ein Abbruch der Reise oder eine streckenweise Überbrückung mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird dadurch leider recht kompliziert. Hier sollte man sich unbedingt im Vorfeld über die wenigen vorhandenen
Radmitnahmemöglichkeiten informieren. Im Radreise-Wiki werden einige Linien und Mitnahmemöglichkeiten aufgeführt. Die Informationen dort sind jedoch teilweise veraltet.

Möglicherweise könnte sich die Situation Mitte 2020 verbessern, da Flixtrain angekündigt hat, die Strecken Stockholm – Göteborg und Stockholm – Malmö bedienen zu wollen.

Sehr einfach und preiswert ist die Radmitnahme mit Flixbus. Die meisten Busse besitzen Radgepäckträger an denen die Fahrräder schnell und sicher fixiert werden können, ohne dass zuvor Umbauarbeiten am Rad erforderlich wären.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Radreisen in Schweden sind im Radreise-Wiki zu finden. Allgemeine Reiseinformationen und Einreisebestimmungen für Schweden gibt es bei Wikivoyage und beim Auswärtigen Amt.

Sollten dir darüber hinaus interessante Tipps und Hinweise für Radreisen durch Schweden einfallen, würde ich mich freuen, wenn du sie hier in den Kommentaren oder im oben verlinkten Radreise-Wiki und bei Wikivoyage ergänzt.

Siehe auch

Radreisetipps für weitere Länder

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tipps und Hinweise für Radreisen durch Albanien

Radtour von Stockholm nach Kopenhagen – Planung, Route und Packliste