Mit Trekking- und Lastenrad durch Südostasien – Vietnam, Laos, Kambodscha

durch Laos
Im März/April 2016 waren wir mit den Fahrrädern von Hoh-Chi-Minh-Stadt in Vietnam über Kambodscha und Laos entlang des östlichen Mekong-Ufers bis nach Hanoi unterwegs. Damals betrieb ich noch keinen Radreiseblog. Darum habe ich die Highlights meiner Erinnerungen nachträglich zusammengetragen, um diesen kleinen Reisebericht zu schreiben.

Während ich mit meinem Trekking-Rad unterwegs war und mein Gepäck in zwei hinteren Packtaschen und einer Lenkertasche verstaut hatte, fuhr Andreas ein Bullit-Lastenrad und transportierte seine Ausrüstung in einer darauf montierten Kiste.

Ein Großteil unserer Strecke führte uns entlang des Mekong-Ufers, vorbei an den faszinierenden Mekong-Fällen und durch das Gebirge zwischen Laos und Vietnam.

Einen Zusammenschnitt der Reise gibt es in dem Film „1900 Kilometer Südostasien - Mit dem Fahrrad durch Vietnam, Kambodscha und Laos“ zu sehen, für den wir auch eine Drohne dabei hatten.


Höllenverkehr in Vietnam

Der Verkehr in Vietnam, insbesondere in Hoh-Chi-Min-Stadt ist grauenhaft. Hier gibt es offenbar nur eine einzige Verkehrsregel: Jeder hat immer Vorfahrt!

Wir sind gefühlt die einzigen Radfahrer in der Metropole. Die meisten Menschen rauschen pausenlos hupend wie in Fischschwärmen auf Rollern durch die lärmende Stadt. Aufgrund der penetranten Abgase tragen fast alle Verkehrsteilnehmenden Feinstaubmasken, die es überall am Straßenrand zu kaufen gibt.

Bereits wenige Meter nachdem wir uns am Flughafen auf die Räder setzen und Richtung Innenstadt fahren, müssen wir Zeugen eines hässlichen Unfalls werden, bei dem ein Autofahrer eine Rollerfahrerin von ihrem Fahrzeug schleudert. Mehrfach werden wir auch selber ungewollt gerammt und angeschubst. So chaotisch der Verkehr aber auch sein mag – hat man das Prinzip erst einmal verstanden, fängt es tatsächlich irgendwann an Spaß zu machen, erfordert jedoch auch permanente Hochkonzentration. Wer z. B.  abbiegen möchte, dem bietet sich nur eine Möglichkeit: Mitten in den fließenden Gegenverkehr hinein fahren und elegant um die entgegenkommenden Fahrzeuge herumfließen. Wer stehen bleibt hat bereits verloren, wird von allen Seiten umfahren und kommt nicht mehr vor und nicht mehr zurück. In Ho-Chi-Minh-Stadt gibt es weitestgehend kein Stop and Go. Ampeln werden ignoriert. Es gilt ein Ameisenhaufen-Prinzip. Alles ist pausenlos im Fluss.

Versand der Fahrradtasche in Ho-Chi-Minh-Stadt
Das Fahrrad hatte ich für den Flug in einer Fahrradtasche verstaut, die ich in Ho-Chi-Minh-Stadt verpacke und mit der Post zu unserer Gastgeberin in Hanoi schicken lasse.

Im Fahrradladen wollen alle mit dem Bullit fahren.
Das Bullit ist auf der gesamten Reise eine viel bestaunte Attraktion. Auch in einem modernen Fahrradgeschäft ist man derart fasziniert, dass sich Andreas für den folgenden Tag nochmal zu einem kleinen Testfahrt-Happening verabreden muss, zu dem die gesamte Belegschaft eingeladen wird.

Zum Frühstück gibt es in Vietnam Nudelsuppe, zum Mittagessen gibt es Nudelsuppe und zum Abendessen würde es Nudelsuppe gegeben, wenn wir uns nicht dafür entscheiden selber zu kochen. Aber oft kochen wir die überall verfügbare Instant-Nudelsuppe. Zwischendurch gibt es mehrmals täglich warme Wassermelone vom Straßenrand, deren Verzehr schnell zum Ritual wird. 

Landschaftlich finde ich das sehr agrarisch geprägte Vietnam mit seinen endlosen Reisfeldern etwas monoton. Auffällig ist eine typisch sozialistische Ästhetik, die sich teilweise in großflächigen bunten Propaganda-Plakaten und einer bäuerlicher Arbeitskultur widerspiegelt, die zentral organisiert und trotzdem recht archaisch und nur vereinzelt modern wirkt.

In wenigen Tagen durch Kambodscha

Sofort nachdem wir die Grenze von Vietnam nach Kambodscha überqueren, änderten sich Land und Leute radikal. Entlang der nun wenig befahrenen Straßen stehen sehr schöne typische Pfahlbauten und überall entlang der Straße riecht es nach Räucherstäbchen. Die touristischen Attraktionen des Landes lassen wir aus Zeitgründen links liegen und durchqueren das Land in nur wenigen Tagen, was ich im Nachhinein etwas bedauern werde, da es mir dort mitunter am besten gefällt.

Kulinarischer Kulturschock in Laos

Balut
Einen kleinen Kulturschock kulinarischer Art erfahren wir in Laos. An einem Nachmittag halten wir in einer kaum besiedelten Gegend an einer kleinen Behausung, weil davor eine Kühltruhe mit zum Verkauf angebotenen Getränken aufgestellt ist. Die beiden anwesenden Frauen sind mit Nähen beschäftigt. Nachdem wir uns etwas kaltes zu Trinken genommen haben, sehe ich, dass außerdem gekochte Eier zum Verkauf angeboten werden und wir lassen uns zwei davon zum Verzehr reichen. Diese will man uns mit diversen Kräutern und weiteren Zutaten servieren. Ich will mein Ei jedoch lediglich als kleinen Snack mit etwas Salz essen und kann die weiteren Zutaten nur mit viel Unverständnis seitens der beiden Gastgeberinnen ablehnen. Als ich das Ei zu schälen beginne, fällt mir schnell auf, dass es im Inneren völlig schwarz ist, was mich zunächst nur irritiert. Kurz darauf erkenne ich jedoch einen Schnabel und muss feststellen, dass sich in dem Ei ein vollständig ausgebildetes Küken mit Augen, Krallen und Gefieder befindet. Wie ich im Nachhinein nachlese handelt es sich um Balut. Dazu werden die Eier gebrütet und vor dem Verzehr gekocht. Wir bringen es nicht fertig das Tier zu essen und weisen die Mahlzeit dankend zurück, was deutlich sichtbar auf noch mehr Unverständnis stößt und merkbar zu Irritationen führt. Zukünftig schaue ich beim Eierkauf ganz genau hin. Tatsächlich lassen sich über Form und Farbe, mit einem etwas geschulten Auge, Unterschiede zwischen unbefruchteten und gebrüteten Eiern erkennen.

Ebenfalls befremdlich sind die eigentlich verbotenen, aber dennoch kulturell stark verankerten Hahnenkämpfe, zu denen sich die Männer des halben Dorfes versammeln, um die sich auf grausame Weise gegenseitig tötenden Hähne anfeuern. Mit Geflügel geht man auch in Laos nicht zimperlich um.

Urlaub auf Don Det

Kurzurlaub auf den Inseln Don Det
Nachdem wir in Laos eingereist sind, machen wir uns zunächst auf die Suche nach einem Geldautomaten. Auf unserer Karte ist lediglich ein Automat einige Kilometer abseits unserer eigentlichen Route eingezeichnet. Also fahren wir dort hin. Da es mittlerweile Nachmittag ist, überlegen wir, einfach über Nacht in dem nicht sonderlich hübschen Ort zu bleiben. Jenseits des Flusses befinden sich einige Unterkünfte und so nehmen wir ein Boot auf die andere Uferseite. Dort liegen die Don-Det-Inseln, ein Backpacker-Paradies, das wir auf auf diese Weise zufällig entdecken. Unsere Unterkunft mit den Hängematten auf der Veranda, direkt über dem Ufer des Mekong und die Verfügbarkeit gewohnter westlicher Konsumgüter, verführen uns zu einem spontanen Kurzurlaub in dieser ruhigen, kleine Reiseoase.

Drei Tage später fahren wir weiter. Die entlang der Straße lebenden Menschen sind äußerst interessiert und kontaktfreudig. Im Vorbeifahren werden wir im ganzen Land von fast allen Passanten und Anwohnern winkend begrüßt. Vor allem die Kinder registrieren uns bereits aus der Ferne und rennen stets gemeinsam zum Straßenrand um uns laut „Sabaidee! Sabaidee!“-rufend aufs Herzlichste zu begrüßen. 

durch die Höhle von Tham Kong Lo
Im Norden des Landes machen wir einen Stopp in Ban Kong Lo, um die riesige 7,5 Kilometer lange Höhle Tham Kong Lo zu besichtigen, die sich vollständig mit einem Boot durchfahren lässt. Faszinierend!

Durch den Urwald

Der nächste Abschnitt der Strecke führt uns auf unbefestigten Straßen durch den laotischen Urwald, wo teilweise die Wege nicht mehr mit unserer Karte übereinstimmen und wir uns teilweise an der Himmelsrichtung orientieren müssen, in der Hoffnung uns nicht über ins Dickicht führende Sackgassen zu verirren. Zu passieren sind steile, teils eingefallene Holzbrücken und ich kann mir nicht vorstellen, dass auch andere Menschen außer uns beiden diese Brücke in den nächsten Stunden oder gar Tagen überqueren werden. Dennoch liegt dort meist jemand im Schatten um Wegzoll zu kassieren.

Waldbrände und Rodungen sind hier keine Seltenheit und plötzlich haben wir einen etwa hundert Meter langen Wegabschnitt vor uns, auf dessen beiden Seiten die Bäume lichterloh in Flammen stehen.
Gebirge im Norden Laos
Da wir bereits trotz widriger Umstände weit vorangekommen sind, entscheiden wir uns nicht umzukehren, unsere Kleidung mit möglichst wenig Wasser möglichst nass zu bekommen und so schnell es geht durch die Hitze, die aufgewirbelte Asche und den Rauch hindurch zu fahren.

Auch mitten im Urwald leben Menschen und gibt es Dörfer. Sie besitzen nichts und leben auf hölzernen Plattformen teils ohne Außenwände und ohne Dach, die sie auf Pfähle oder in die Bäume gebaut haben. Ein Leben mitten im Wald, in absoluter Armut. Ohne Bildung, ohne Strom, ohne medizinische Versorgung.

Erneute Einreise nach Vietnam

Während wir bisher ausschließlich im Flachland unterwegs waren, führt uns der nächste Abschnitt der Reise Richtung laotisch-vietnamesicher Grenze erstmals durchs Gebirge.

Wir überqueren die Grenze Bei Cau Treo Nam Phao, dem wahrscheinlich hässlichsten Grenzübergang den ich bisher gesehen habe. Tatsächlich besteht er aus einem riesigen chaotischen Abstellplatz für dreckige, verstaubte und stinkende LKW. Ab jetzt geht es wieder bergab.

Märchenseen im Matsch

Tràng An
Als wir die Gebirgs- und Seenlandschaft Tràng An erreichen, ist das Wetter gespenstisch nebelig und leicht verregnet. Auf der Suche nach einer Unterkunft versinken wir fast knöcheltief im Matsch und haben irgendwann trotz Handy-Navigation nur noch wenig Orientierung.
Zu dem touristischen Pflichtprogramm in der Region gehört eine Bootsfahrt durch die wunderschöne Berglandschaft, die im dichten Nebel, mit einer märchenhaften Athmosphäre verzaubert. Die Zeit scheint hier still zu stehen. Nach der Hitze der vergangenen Tage im Süden ist dies auch klimatisch eine willkommene Abwechselung.

Nach 1900 Kilometern am Ziel

Angekommen in Hanoi steht natürlich noch ein Besuch in dem Mausoleum Hồ Chí Minhs auf dem Programm. Bereits einige Jahre zuvor habe ich das Mausoleum Mao Zedongs in Peking besucht, der mit der letzten Ruhestätte Hồs weitestgehend identisch ist. Kim Il-sung konnte ich während meiner Nordkorea-Reise zum Vergleich leider keinen Besuch abstatten, da das Mausoleum damals wegen Renovierungsarbeiten für Besucher geschlossen war.

Am Mekong-Ufer
Mit dem Flugzeug geht es nach etwa 1900 Kilometern durch Südostasien wieder zurück nach Deutschland. Auf der gesamten Strecke hatten wir beide erstaunlicherweise nicht einen einzigen Platten und auch gesundheitlich keinerlei Probleme.

Ob mit oder ohne Fahrrad, Asien und insbesondere Südostasien gehört zu den Ecken dieser Erde, die ich am liebsten bereise und die mich am meisten fasziniert. Diese exotische und doch so unkomplizierte Reise durch Vietnam, Kambodscha und Laos haben mir daher besonders viel Spaß und Abenteuer bereitet.

Kommentare

  1. Wie schön ist das denn bitte? Neidisch,neidisch.Wir fahren die Tage an den Chalets bad Gastein das wird auch sicher schön.Aber eure Tour ist ja wohl der absolute Hammer.

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  2. Wow das ist ja echt der Hammer...Schon was anderes als in einem der Sporthotels in Südtirol wo wir immer gerne Urlaub machen... toller Beitrag

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