Tipps und Hinweise für Radreisen durch Argentinien
Die Tipps und Hinweise für Radreisen durch Argentinien kommen diesmal als Gastbeitrag von Annett und Raimund aus Nordrhein-Westfalen. Die beiden blicken bereits auf über 20 Jahre Radreiseerfahrung zurück und geben auf fahrrad-abenteuer-reisen.de viele weitere allgemeine und spezielle Tipps für das Reisen mit dem Fahrrad.
In frühen Jahren waren Annett und Raimund noch mit ihrem Nachwuchs unterwegs, der sie zunächst im Anhänger und später auf dem eigenen Kinderfahrrad begleitete. Im Juli 2015 starteten sie in Deutschland eine große Weltreise über mehrere Kontinente. Die Reise führte sie zunächst über den Balkan und den Kaukasus nach Zentralasien, von dort über Indien und Nepal nach Südostasien, Australien und Neuseeland. Von Sydney ging es im Mai 2018 weiter nach Buenos Aires in Südamerika. Für die gesamte Reise haben sie fünf Jahre veranschlagt und kamen dabei bisher durch 31 Länder.
Weitere Informationen über das „Team Radreisenerd“, wie sie sich auch nennen, gibt es unten zu finden.
Die Autorin und der Autor sind seit über einem halben Jahr in Argentinien unterwegs und haben das Land bisher über die folgenden Routen bereist:
-
von Buenos Aires über die Provinzen Entre Rios, Corrientes und Misiones bis nach Puerto Iguazú im Nordosten
-
von Paraguay kommend, ab Posades über Tucuman, Mendoza und Bariloche bis Trevelin an die chilenische Grenze
-
von Chile kommend, ab Perito Moreno bis El Chaltén und wieder zurück nach Buenos Aires.
Hier sind ihre Radreisetipps für das Land:
Orientierung
Offline-Navigation per Smartphone (mit
einer Karte von OpenStreetMap) klappte meistens einwandfrei (nur
selten steht kein GPS-Signal zur Verfügung). Zusätzlich empfiehlt
sich noch eine Papierkarte. Die grobe Routenplanung über weite
Strecken und die Verwertung von Tipps der Einheimischen klappt nur an
einer Papierkarte.
Unsere Empfehlungen zu
Offline-Navigation und Tracking auf Radreisen findest
du hier.
Es gibt einige moderne Highways, aber
vielerorts sind die Straßen zu schmal und qualitativ sehr rustikal:
Bruchasphalt, Schotter- oder Lehmpisten und in vielen Städten sehr
grobes Bruchsteinplaster oder Straßen aus Betonplatten. Man erlebt
riesige Schlaglöcher, tiefe Risse und fehlende Gullideckel. Für
Reiseradler manchmal anstrengend oder sogar gefährlich.
Viele alte Fahrzeuge mit technischen
Mängeln sind auf der Straße, aber Abgas- und Lärmbelastung halten
sich in Grenzen. Ampeln und Verkehrsregeln gelten an manchen Orten
eher als Empfehlung.
In den dünn besiedelten Regionen
(Santa Cruz, Chubut) gibt es nicht mehr viel Verkehr: vielleicht fünf
Autos pro Stunde.
Radeln
Viele Straßen sind für Radfahrer nicht ungefährlich. |
Dornen können häufig zu platten Reifen führen. |
Bikeshops
Es gibt gute Bikeshops. Und schlechte.
Man fragt am besten einheimische Radler, um sich zeitraubende
Sucherei zu ersparen. Bei den genannten Preisen lohnt ein
Preisvergleich zwischen den Läden, sonst zahlt man zu viel. Ich
bekam für die gleiche 9-fach-Kette von Shimano (die CN-HG53) in
verschiedenen Bikeshops in Buenos Aires 300, 440 und 520 Peso als
Preis genannt.
Trampen
Trampen ist auch mit den Rädern möglich. |
Trampen in Argentinien ist nicht
gefährlicher als in anderen Ländern und die Fahrer wollen nie Geld
dafür haben. Unsere Tipps zum Trampen auf Radreisen haben wir hier
detailliert beschrieben.
Sicherheit
Das Risiko, auf einer Radreise Opfer
krimineller Energie zu werden, ist in Argentinien größer als in
vielen anderen Reiseländern. Stets muss man in den Städten ein Auge
auf Fahrräder und Gepäck werfen. In Buenos Aires erfolgt der
Fahrraddiebstahl per akkubetriebenem Winkelschleifer in
Sekundenschnelle. Da hilft auch kein noch so gutes Schloss.
Wir erhielten sehr oft entsprechende
Warnungen von vertrauenswürdigen Argentiniern und würden sie auch
an jeden Reisenden so weiter geben. Doch tatsächlich erlebten wir
keine wirklich gefährliche Situation in Argentinien. Insbesondere
auf dem Land ist Argentinien nicht gefährlicher als andere Länder.
In den Städten ist das anders: hier
wird alles von Polizei oder Sicherheitspersonal bewacht: Banken,
große Geschäfte, kleine Läden mit wertvollen Produkten,
Parkplätze, Krankenhäuser, einfach alles. Auch in den Straßen
trifft man immer wieder auf Wachposten. Überall hängen
Überwachungskameras und das Sicherheitspersonal ist stets schwer
bewaffnet bis unter die Zähne.
Unsere Tipps für den perfekten
Diebstahlschutz fürs Reiserad findest du hier.Zelten
Zelten in Argentinien |
Die freiwillige Feuerwehr (Bomberos
Volontarios) einer jeden Stadt (nicht zu verwechseln mit den „Bomberos de Policia“) erlaubt Reiseradlern oft eine
Übernachtung. In großen Städten bieten sich
Warmshowers-Unterkünfte an. Die Erfolgsquote bei der Anfrage ist
allerdings sehr unterschiedlich.
In dünn besiedelten Regionen
(Patagonien) ist Zelten selbst an der Straße kein Problem und auch
kein Risiko. Lediglich der berüchtigte Wind setzt einem da gehörig
zu. Daher empfiehlt sich für Argentinien auch ein sehr sturmstabiles
Zelt. Wie du das perfekte Zelt für deine Radreisen findest, haben
wir in
diesem Artikel beschrieben.
Beim Zelten musst du allerdings immer
auf Dornen und stacheligen Pflanzen achten, wenn du deine schöne
aufblasbare Schlafmatte nicht ruinieren willst.
Sanitäre Einrichtungen
Klopapier wird über den Mülleimer
entsorgt und nicht über die Klospülung. Die sanitären Anlagen sind
oft mangelhaft oder sogar abenteuerlich.
Wasserversorgung
Meist kann man das Wasser aus der
Leitung bedenkenlos trinken, doch in einigen Regionen des Landes
empfehlen die Locals eher das käufliche Flaschenwasser.
Sicherheitshalber immer nachfragen. In vielen Einrichtungen findet
man Wasserspender, an Tankstellen und anderen Stellen kann man für
ein paar Pesos sogar heißes Wasser zapfen (das ist der Mate Kultur
im Lande geschuldet).
Wasserversorgung für einsame Regionen |
Es empfiehlt sich auf Radreisen in
Argentinien zur Sicherheit ein Wasserfilter. Unsere Empfehlung dazu
findest du in
diesem Artikel. Ebenso sind XXL-Flaschenhalter am
Fahrradrahmen sehr nützlich. All unsere Tipps zu Wasserbehältern
auf Radreisen findest du in
diesem Artikel.
Bargeld-Beschaffung
Der sicherste Schutz gegen die
zeitweise galoppierende Inflation des Peso ist die Ersatzwährung:
US-Dollar. Am besten bringt man sein ganzes Reisegeld in US-Dollar schon
als Bargeld mit ins Land und tauscht dann im Land die Bedarfsmenge in
Peso um.
In dicht besiedelten Gebieten findet
man immer einen Geldaotumaten, doch eine erfolgreiche Transaktion mit
der eigenen Kreditkarte ist tatsächlich Glückssache: entweder der
Geldautomat funktioniert einfach nicht, oder er spuckt kein Bargeld
aus, akzeptiert die ausländische Kreditkarte nicht oder gewährt nur
sehr geringe Maximalbeträge (z. B. 1000 Peso) bei völlig überzogenen
Gebühren. Die besten Konditionen fanden wir in
der Banco de la Nacion Argentina: maximal 3000 Peso per Transaktion
mit 230 bis 250 Peso Gebühren.
Das Personal in den Banken spricht
meist kein Englisch und am ATM wird in der Regel nicht ausgewiesen,
welche Karten akzeptiert werden.
Einkaufen
Haferflocken und Trockenobst kauft man
am besten in der Dietetica. Unter den Supermärkten zählen
Carryfour, Dia und La Anonima zu den preiswerteren.
Spiritus (für den Trangia) gibt es im
Supermarkt für 2 bis 3 Euro pro Liter. Es gibt aber zwei unterschiedliche
Qualitäten: in der Camping-Abteilung findet man lediglich 88 %igen,
bei den Reinigungsmitteln den sehr effektiven 96 %igen Alcohol
ispirto.
Als Reiseradler kommst du schneller in
Kontakt mit Einheimischen, als bei jeder anderen Reiseart. Daher einige
Tipps und Hinweise für Radreisen in Argentinien speziell zur Kultur
des Landes.
Man begrüßt die Herren per
Handschlag, die Damen per angedeutetem Kuss auf die Wange, oft auch
schon bei der ersten Begegnung. Ebenso verläuft die Verabschiedung: sehr herzlich. Man wird als Gast häufiger zum
Mate-Tee eingeladen. Das ist eine besondere Ehre. In diesem
Artikel erfährst du, was du als Gast im Hinblick auf Mate
beachten und wissen solltest.
Warteschlangen sind an der Tagesordnung
und sie werden sehr diszipliniert gelebt. In vielen Einrichtungen des
öffentlichen Lebens (Hospital, Bank, Lebensmittelläden, ...) muss
man auch erst eine Nummer ziehen und wird dann aufgerufen.
Klima
Argentinien ist groß und so trifft man
alle Klimazonen von tropisch bis subpolar an. Im Juni, Juli und
August herrscht Winter, in Dezember, Januar und Februar ist Sommer.
Es gibt regional deutliche Unterschiede
und Gegensätze. So ist Tucuman im Nordwesten eine regenreiche
Region, die Nachbar-Region Catamarca dagegen wüstenartig trocken.
Auch weite Landesteile in Patagonien (Santa Cruz, Chubut) sind so
trocken wie die Wüste.
ankämpfen gegen den Wind |
Im Nordosten Argentiniens (Misiones,
Corrientes, Entre Rios) herrscht im Winter eine sehr ungemütliche
feuchte Kälte. So empfindet man die 8 bis 15 °C oft als deutlich
kühler.
Ein Wetterwechsel kommt in fast ganz
Argentinien oftmals mit einem ungewöhnlich großen Temperatursprung
daher. So sind 15 bis 20 °C Unterschied von einem Tag auf den
anderen keine Seltenheit.
Tiere
Einige wilde Hunde sind recht aggressiv
und wollen einem Radler gerne in die Beine beißen. Die Impfung
gegen Tollwut und Tetanus ist aus dieser Sicht daher sehr zu
empfehlen.
Lästige Pferdefliegen, die Tabanos,
schwirren einem in den feuchteren Gebieten im Westen Patagoniens den
ganzen Tag lang um den Kopf herum. Sie fliegen hemmungslos in die
Augen, in Nase, Mund und die Ohren. Das kann ganz ordentlich nerven.
Weite Teile Argentiniens sind ebene,
trockene Steppe (Patagonien, Chaco) oder endloses Weideland (Pampa).
Stark hügelig sind dagegen Misiones, die nördliche Region um Salta
und die Zone nahe der Anden im Westen Argentiniens.
Kommunikation
Mit Englisch kommt man nicht weit in
Argentinien. Spanisch ist hier unerlässlich. Die Aussprache und
manche Wörter sind in Argentinien zwar abweichend, doch
Grundkenntnisse in Spanisch sind eine gute Basis. In der Regel ist
die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung auch derart groß, dass es
selbst ohne umfangreiche Spanisch-Kenntnisse zu einer erfolgreichen
Verständigung kommt.
Telefonie und Internet
Es gibt Prepaid-SIM-Karten von drei
Anbietern: Movistar, Claro und Personal. Movistar hat außerhalb der
Städte eine schlechtere Netzabdeckung, Claro ist im Vergleich zu
Personal etwas preiswerter. Daneben gibt es noch Pläne und Pakete.
Claro bietet auch einen Plan für ganz Südamerika an.
Das Telefonieren ist ungewöhnlich
teuer in Argentinien: fast 1 Euro für 3 Minuten Gesprächsdauer, selbst
für Ortsgespräche. Da empfehlen sich tatsächlich Skype oder
WhatsApp-Telefonate über eine WiFi-Verbindung.
Viele Tankstellen bieten WiFi an, auch
ohne Verzehrzwang. Die Verbindungsqualität ist meist gut, das
Internet kann aber auch mal für einen halben Tag ausfallen. Auch das
Stromnetz kann häufiger ausfallen. Das solltest du berücksichtigen,
wenn du unterwegs Akkus laden musst.Fazit
Argentinien
bietet viele Sehenswürdigkeiten, spektakuläre Landschaften, viel
Kultur, gastfreundliche Menschen und eine außergewöhnliche
Tierwelt. Es eignet sich daher hervorragend als Reiseziel für
Radreisen. Allerdings
können einem die endlose Weite der Steppe, der unerbittliche Wind in
Patagonien und die extrem gefährlichen Straßen den Radelspaß
schnell vergällen.
Unsere
Tipps und Hinweise für Radreisen in Argentinien helfen dir da
bestimmt ein Stück weit, dich auf dieses außergewöhnliche Land
einzustimmen. Ein wenig Abenteuerlust solltest du auf jeden Fall
mitbringen.
Vielleicht
helfen dir auch unsere Radreise
Tipps für Einsteiger.
Eine
Radreise in Argentinien lässt sich übrigens hervorragend mit
Radreisen durch Chile und Paraguay kombinieren. Entsprechende Tipps
und Hinweise zu diesen Ländern findest du in folgenden Artikeln:
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Thema Radreisen in Argentinien sind im Radreise-Wiki zu finden. Allgemeine Reiseinformationen für Argentinien gibt es bei Wikivoyage und beim Auswärtigen Amt.Sollten dir darüber hinaus interessante Tipps und Hinweise für Radreisen durch Argentinien einfallen, würde ich mich freuen, wenn du sie hier in den Kommentaren oder im oben verlinkten Radreise-Wiki und bei Wikivoyage ergänzt.
Siehe auch
Radreisetipps für weitere Länder
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Raimund war bis 2013 als Dipl.-Ing.
Maschinenbau und als Übungsleiter im Kanusport tätig. Annett arbeitete bis zum Antritt ihrer Radweltreise als Zahntechnikerin,
Tagesmutter und Vorlesepatin.
Neben dem Radreisen betreiben die beiden Kanuwandersport (per Kajalk oder Canadier mit und ohne Gepäck), Wildwasserkajaksport, gehen gerne Bergwandern und Bouldern und mögen Klettersteige und Schi-Langlauf (auch Skating).
Die Frage nach ihrem Mobilitätsverhalten im Alltag, beantworten sie klar mit einer Präferenz für das Fahrrad: „Daheim ziehen wir das Fahrrad dem Auto vor, wann immer es machbar und erträglich ist. So erreichten wir 2012 per Auto gerade einmal 2000 Kilometer gefahrene Strecke, per Fahrrad kamen wir jeweils auf bis zu 5000 Kilometer Strecke. Radeln bei jedem Wetter und auch bei Schnee und extremen Temperaturen waren dabei nie ein Hindernis, eher eine Herausforderung. Ebenso der Transport von Lasten.“
Um auf Reisen weite Entfernungen und gefährliche Regionen zu überbrücken, sind sie auch schon öfters mit den Fahrrädern getrampt, was mit Pickups oder kleinen Transportern fast nirgendwo ein Problem gewesen sein soll und sich meist deutlich einfacher organisieren lies als der Transport mit Bus oder Bahn.
Neben dem Radreisen betreiben die beiden Kanuwandersport (per Kajalk oder Canadier mit und ohne Gepäck), Wildwasserkajaksport, gehen gerne Bergwandern und Bouldern und mögen Klettersteige und Schi-Langlauf (auch Skating).
Die Frage nach ihrem Mobilitätsverhalten im Alltag, beantworten sie klar mit einer Präferenz für das Fahrrad: „Daheim ziehen wir das Fahrrad dem Auto vor, wann immer es machbar und erträglich ist. So erreichten wir 2012 per Auto gerade einmal 2000 Kilometer gefahrene Strecke, per Fahrrad kamen wir jeweils auf bis zu 5000 Kilometer Strecke. Radeln bei jedem Wetter und auch bei Schnee und extremen Temperaturen waren dabei nie ein Hindernis, eher eine Herausforderung. Ebenso der Transport von Lasten.“
Um auf Reisen weite Entfernungen und gefährliche Regionen zu überbrücken, sind sie auch schon öfters mit den Fahrrädern getrampt, was mit Pickups oder kleinen Transportern fast nirgendwo ein Problem gewesen sein soll und sich meist deutlich einfacher organisieren lies als der Transport mit Bus oder Bahn.
Auf
Radreisen übernachten sie in der Regel im Zelt und verpflegen sich mit
dem Camping-Kocher. „Das hält die Reisekosten niedrig und erhöht den
Abenteuerfaktor“. In unsicherer Gegend oder größeren Städten
nutzen sie mittlerweile häufiger warmshowers.org (sehr selten auch
Couchsurfing) oder folgen den Ratschlägen der Locals. Tempel, Moscheen, Tankstellen, Polizeistellen oder die Freiwillige
Feuerwehr zählten somit schon zu ihren Schlafstätten.
Online berichten Raimund und Annett über ihre Outdoor-Erlebnisse auf:
Text und Fotos: cc-by-sa 4.0, fahrrad-abenteuer-reisen.de
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